Die Aussage „Warum der Krieg Russland gegen die Ukraine niemals enden wird“ klingt dramatisch und absolut – doch historisch betrachtet enden alle Kriege irgendwann. Allerdings kann man nachvollziehen, warum manche das Gefühl haben, dieser Krieg könne de facto unendlich weitergehen. Hier sind einige zentrale Gründe, warum dieser Krieg sehr lange dauern könnte oder sich in dauerhafte Instabilität verwandeln kann:
1. Unvereinbare Ziele
- Russland will eine Kontrolle über die Ukraine (direkt oder indirekt), insbesondere deren außenpolitische Ausrichtung (z. B. NATO-Beitritt verhindern) und Gebiete wie Donezk, Luhansk und die Krim behalten.
- Die Ukraine kämpft für ihre territoriale Integrität und politische Souveränität – ein Rückschritt ist für viele politisch und gesellschaftlich nicht akzeptabel.
Solange beide Seiten keine Kompromissbereitschaft zeigen, ist eine Verhandlungslösung sehr schwierig.
2. Geopolitischer Stellvertreterkrieg
- Der Krieg ist nicht nur ein Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, sondern auch zwischen westlichen Demokratien (insb. NATO, EU, USA) und autoritären Mächten.
- Russland sieht sich im Kampf gegen westliche „Einmischung“, während der Westen die Ukraine als Bollwerk gegen russischen Expansionismus unterstützt.
Das macht den Konflikt strukturell festgefahren.
3. Propaganda und Narrative
- In Russland wird der Krieg als „existenzielle Bedrohung“ durch den Westen verkauft.
- In der Ukraine geht es um nationale Identität, Überleben und Selbstbestimmung.
Diese Narrative machen einen politischen Kompromiss im eigenen Land kaum vermittelbar – selbst wenn es auf diplomatischer Ebene Bewegung gäbe.
4. Langfristige Kriegsökonomie
- Russland hat seine Wirtschaft zunehmend auf den Krieg eingestellt: Waffenproduktion, Mobilisierung, Kontrolle über Medien und Gesellschaft.
- Auch im Westen wird immer mehr Infrastruktur für langfristige Ukraine-Unterstützung aufgebaut.
Das kann bedeuten: Der Krieg wird zum neuen „Normalzustand“.
5. Gefrorene Konflikte als russische Strategie
Russland hat bereits in Georgien (Abchasien, Südossetien), Moldau (Transnistrien) und in Syrien gezeigt, dass es langfristige, eingefrorene Konflikte nutzen kann, um Kontrolle auszuüben – ohne formellen Frieden, aber auch ohne klare Entscheidung.
Fazit:
Der Krieg wird wahrscheinlich nicht „niemals“ enden – aber er kann sich über Jahre oder Jahrzehnte hinziehen, sei es als offener Krieg, eingefrorener Konflikt oder durch immer wieder aufflammende Kämpfe.
Ein echter Frieden braucht:
- Kompromissfähigkeit beider Seiten,
- internationalen Druck und Anreize,
- einen Wandel der innenpolitischen Lage in Russland,
- und möglicherweise einen geopolitischen Paradigmenwechsel.
Hier eine strukturierte Übersicht möglicher Zukunftsszenarien für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine – von optimistisch bis pessimistisch:
🔵 Szenario 1: Verhandelter Frieden mit Kompromissen (eher unwahrscheinlich kurzfristig)
Merkmale:
- Beide Seiten erkennen, dass ein vollständiger Sieg nicht erreichbar ist.
- Ein Waffenstillstand wird vereinbart, dem politische Verhandlungen folgen.
- Territoriale Kompromisse (z. B. über den Status der Krim oder Donbas).
- Internationale Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
Voraussetzung:
- Regimewandel oder Kurswechsel in Russland oder strategisches Umdenken.
- Druck durch China, Türkei, EU, USA.
Risiken:
- Ukraine könnte innenpolitisch instabil werden, falls Kompromisse zu groß erscheinen.
- Russland könnte später gegen neue Vereinbarungen verstoßen.
🟡 Szenario 2: Eingefrorener Konflikt („koreanisches Modell“) (realistischer mittel- bis langfristig)
Merkmale:
- Keine formelle Friedenslösung, aber Waffenruhe.
- Frontlinie wird zur faktischen Grenze, z. B. wie in Nord-/Südkorea.
- Ukraine bleibt westlich orientiert, Russland hält Teile des Ostens.
- Sporadische Kämpfe, aber keine Großoffensive.
Vorteil:
- Leid und Zerstörung nehmen ab.
- Ukraine kann sich wirtschaftlich und politisch erholen.
Nachteil:
- Dauerhafte Unsicherheit.
- Konflikt kann jederzeit wieder eskalieren.
🟠 Szenario 3: Dauerhafter Abnutzungskrieg („Syrien-Modell“) (besonders gefährlich)
Merkmale:
- Jahre- oder jahrzehntelanger Stellungskrieg mit wechselnden Fronten.
- Massive Zerstörung, zivile Opfer, Flüchtlingswellen.
- Waffenlieferungen auf beiden Seiten halten das Gleichgewicht.
- Front bleibt „heiß“, aber ohne klare Gewinner.
Folge:
- Krieg wird „eingepreist“ in die Weltpolitik.
- Neue Generation wächst im Krieg auf.
🔴 Szenario 4: Eskalation und Ausweitung (Worst Case)
Merkmale:
- NATO-Russland-Konflikt durch Unfall, Provokation oder gezielte Ausweitung.
- Einsatz taktischer Atomwaffen oder Cyberkrieg.
- Osteuropa wird in größere militärische Auseinandersetzung verwickelt.
Folgen:
- Massive globale Instabilität.
- Wirtschaftskrisen, Flüchtlingskatastrophen, militärische Eskalationen weltweit.
⚫ Szenario 5: Sieg einer Seite (militärisch oder politisch) (derzeit unwahrscheinlich)
Option A: Russland siegt
- Ukraine wird geteilt oder als Marionettenstaat neu organisiert.
- Westliche Staaten verlieren an Einfluss.
- Autoritäre Regime weltweit gestärkt.
Option B: Ukraine siegt
- Russische Truppen vollständig vertrieben.
- Interner Zusammenbruch oder Machtwechsel in Russland.
- EU-/NATO-Beitritt der Ukraine.
Voraussetzung:
- Enorme militärische Entwicklungen auf dem Schlachtfeld.
- Strategischer Fehler oder Krise auf der Gegenseite.
Fazit:
Das wahrscheinlichste Szenario kurzfristig (2025–2026) ist ein eingefrorener oder zäher Abnutzungskrieg, ohne klare Lösung.
Ein echter Frieden ist langfristig denkbar – aber nur, wenn sich die geopolitischen Rahmenbedingungen radikal ändern.